Das wahre Geschenk des 4-Ohren-Modells

Die meisten kennen das 4-Ohren-Modell von Schulz von Thun. Es taucht in Schulbüchern, Seminaren und Kommunikationstrainings auf – so oft, dass viele schon die Augen verdrehen, wenn sie davon hören.Doch dieses Modell hat eine Tiefe, die wir oft übersehen. Und genau das ist sein wahres Geschenk.

Wenn Theorie plötzlich Leben rettet

Ich arbeite ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge. Unser größtes Problem: zu wenig Ehrenamtliche für zu viele Anrufende. (Kleiner Einschub: Wenn dich das Thema interessiert – schreib mich gern an 😉.)

Manchmal nehme ich den Hörer ab und mir schlagen wilde Beschimpfungen entgegen. Menschen, die wütend sind, dass sie so lange warten mussten. Die fragen, was wir da überhaupt machen. Manchmal kommen dabei Worte, die ganz schön unter die Haut gehen können.

Zwischen Angriff und Appell – die innere Haltung entscheidet

Natürlich könnte ich in solchen Momenten beleidigt reagieren oder das Gespräch beenden. Aber: Wenn ich das Gesagte durch die Brille des 4-Ohren-Modells höre, passiert etwas Spannendes.

Ich frage mich dann:

➡️ Was sagt das über mich aus? (Appell)

➡️ Oder vielleicht eher: Was sagt es über den Anrufenden aus? (Selbstoffenbarung)

Sobald ich erkenne, dass die Wut des anderen nichts mit mir persönlich zu tun hat, sondern Ausdruck seiner eigenen Not ist, bleibe ich ruhig. Ich höre mich dann selbst sagen:

„Na, ich höre, da ist viel Druck auf dem Kessel – wollen wir darüber mal sprechen?“

Und plötzlich entspannt sich die Situation. Weil ich locker geblieben bin.Das Gespräch kann sich dann oft zu etwas sehr Wertvollem entwickeln.

Kommunikation ist Übung – und Bewusstsein

Das funktioniert übrigens nicht nur am Telefon, sondern auch in jeder anderen Lebenssituation: im Job, in der Familie, mit Freund:innen oder im Straßenverkehr.

Das 4-Ohren-Modell ist mehr als Theorie – es ist ein Werkzeug, das uns hilft,

achtsamer und mitfühlender zu hören.

Mein Tipp: Üben!

Je öfter du es ausprobierst, desto leichter gelingt es, in hitzigen Momenten ruhig zu bleiben.

Und du?

In welcher Situation würdest du dir wünschen, diesen kleinen Twist im Kopf zu schaffen – und gelassen zu bleiben, statt in die Verteidigung zu gehen?